November 2024

Schon 1378 gönnte sich das nach der verheerenden Pest von 1348 wieder zu Wohlstand gekommene Erfurt den in ganz Europa exklusiven Luxus einer Universität. Das Hauptgebäude der Hohen Schule, „Collegium Maius“ genannt, bildete mit seinem berühmten Portal und der gegenüberliegenden als Universitätskirche genutzten Michaeliskirche jahrhundertelang einen Mittelpunkt der Stadt. Im Zweiten Weltkrieg weitgehend den Bomben zum Opfer gefallen, beherbergt das aufwändig restaurierte Collegium Maius heute das Landeskirchenamt der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland. Unser Bild zeigt links das Collegium Maius mit seinem berühmten Portal sowie rechts die Universitätskirche. Foto ©Erfurt Tourismus und Marketing GmbH, Barbara Neumann.

Literaturlandschaften e.V.

Erfurt … eine der volkreichsten Städte Deutschlands und sicherlich die geldreichste. Nur so erklärt es sich, daß diese damals formal einem Gebieter unterworfene Handelsstadt eine Kulturtat vollbrachte, deren sich in Europa keine andere berühmen darf: aus eigenen Mitteln schuf Erfurt, von keinem Fürsten gefördert, von vielen behindert, 1378 eine Universität, nächst Prag und Wien die älteste in Deutschland, zugleich die erste, die alle vier Fakultäten aufwies. 

Hier war Reichtum und darum auch Kultur … der Durchschnitt der Menschen gelangt nur in der Wohlhabenheit zur Erkenntnis, was Bildung und was Schönheit ist. Die Erfurter konnten es wissen, sie hatten das Geld dazu … Freilich, warum dachte keine andere deutsche Stadt daran? An gebildeten Priestern fehlte es nicht. Die Kulturtat von 1378 bleibt das Herrlichste von allem Herrlichen, was aus Erfurts Blütezeit zu berichten ist. 

… ich trat an die Mauer der Michaeliskirche, der Universität gegenüber, prägte mir die Umrisse des ehrwürdigen Baues ein und gedachte der Männer, die einst täglich durch dies Portal geschritten. 

Eine lange, lange Reihe … die einen das sichere Lächeln des Alleswissers um die Lippen, die anderen mit dem milden Blick und den feinen Runen um den Mund, die die schmerzvolle Erkenntnis des „Ignorabimus“ („Wir werden es nicht wissen“, Anm. der Redaktion) dem Antlitz des Forschers eingräbt. Weise und Toren, Gelehrte und Silbenstecher, kleine Lichtlein der Wissenschaft, die ausgeglommen waren, als sie noch lebten, und andere, die fortleuchten bis in unsere Tage hinein … aber einen Ruf, wie sich zwei ihrer Schüler errungen, hat keiner von ihnen. Denn so unendlich verschieden diese beiden waren, gemeinsam ist ihnen, daß ihre Namen auf Erden nie ersterben werden: Martin Luther und Johannes Faust. 

(Karl Emil Franzos, „Aus Anhalt und Thüringen, Kapitel Erfurt“, Berlin 1903)